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Glühbirne
@Nejc Soklic /unsplash
Stromgesetz - 9. Juni 2024

Worum es geht beim neuen Stromgesetz

Der 9. Juni 2024 ist gewissermassen ein Schicksalstag für das Energiesystem der Schweiz. Das müssen Sie darüber wissen. 

Der Abstimmungssonntag vom 9. Juni 2024 hat es in sich. Die wichtigste Vorlage ist das neue Stromgesetz. Es regelt den Ausbau der erneuerbaren Energie in der Schweiz bis 2050. 

Das Stromgesetz – da herrscht breiter Konsens – ist wichtig für den Weg der Schweiz bis zum Klimaziel CO2-Neutralität bis 2050. Darum geht es.

Das Stromgesetz ist letztes Jahr im Parlament unter dem Begriff «Mantelerlass» beraten und als ziemlich guter Konsens verabschiedet worden. Nun wird über das Referendum abgestimmt.

Im September 2023 war der Kompromiss geglückt: Das Parlament hatte sich auf einen Energie-Mantelerlass geeinigt, der nun als neues Stromgesetz zur Abstimmung kommt, weil kleine Gruppierungen von Natur- und Landschaftschützern das Referendum ergriffen haben. Von einem «Meilenstein der Energiewende», sprach Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder. «Mittlere Zufriedenheit», konstatierte Energieminister Albert Rösti von der SVP. Seine Partei sprach sich als einzige gegen das neue Stromgesetz aus, wenn auch nur mit knapper Mehrheit. Bundesrat Rösti zählt zu den Befürwortern.

Ambitionierte Ausbauziele

Die Zahlen und Fakten belegen, dass Massnahmen notwendig sind, um die Versorgungssicherheit mit erneuerbarem Strom zu sichern und bis 2050 CO2-neutral zu werden.

Der Strombedarf der Schweiz wird in Zukunft massiv steigen, bis 2050 auf ungefähr 80-90 TWh pro Jahr. Dies weil Verkehr, Heizungen und Teile der Industrie mit Strom statt mit Benzin, Diesel, Gas und Öl betrieben werden. Damit steigt der Strombedarf, doch das Gesamtenergiesystem wird deutlich effizienter, weil Strom effizienter ist als fossile Energien.

Entsprechend gibt das Stromgesetz verbindliche Ausbauziele vor. Bis 2035 benötigen wir zusätzlich 35 Terawattstunden (TWh) an Strom, bis 2050 45 TWh – ohne Wasserkraft.

Die Wasserkraft soll ihre Produktion von heute 33,5 TWh bis 2035 auf 37,9 TWh und bis 2050 auf 39,2 TWh steigern. Die Winterproduktion soll bis 2040 um 6 TWh ausgebaut werden, wovon 2 TWh aus Speicherwasserkraft sicher abrufbar sein müssen. Das Stromgesetz gibt vor, dass die Stromimporte im Winter den netto Richtwert von 5 TWh nicht überschreiten sollen.

Was im Stromgesetz enthalten ist

Sie finden den Originaltext im «Abstimmungsbüchlein». Der einfacheren Lesbarkeit halber haben wir hier die Originalformulierungen der wichtigsten Gesetzesartikel ohne die genaue Artikelangabe und Gesetzzugehörigkeit aufgelistet.

Massgebend ist der Text im Abstimmungsbüchlein bzw. hier

Ausbauziele

  • Die Produktion von Elektrizität aus erneuerbaren Energien, ausgenommen aus Wasserkraft, hat im Jahr 2035 mindestens 35 000 GWh und im Jahr 2050 mindestens 45 000 GWh zu betragen.
  • Die Nettoproduktion von Elektrizität aus Wasserkraft hat im Jahr 2035 mindestens 37 900 GWh und im Jahr 2050 mindestens 39 200 GWh zu betragen. Bei Pumpspeicherkraftwerken wird nur die Produktion aufgrund von natürlichen Zuflüssen angerechnet.
  • Der Import von Elektrizität im Winterhalbjahr (1. Oktober−31. März) soll netto den Richtwert von 5 TWh nicht überschreiten. Der Bundesrat legt gesamthaft und für einzelne Technologien alle fünf Jahre Zwischenziele fest, erstmals ein Jahr nach Inkrafttreten der Änderung vom 29. September 2023. Er überwacht die Zielerreichung und ergreift rechtzeitig entsprechende Massnahmen.

Verbrauchsziele

  • Der durchschnittliche Energieverbrauch pro Person und Jahr ist gegenüber dem Stand im Jahr 2000 bis zum Jahr 2035 um 43 Prozent und bis zum Jahr 2050 um 53 Prozent zu senken.
  • Der durchschnittliche Elektrizitätsverbrauch pro Person und Jahr ist gegenüber dem Stand im Jahr 2000 bis zum Jahr 2035 um 13 Prozent und bis zum Jahr 2050 um 5 Prozent zu senken.

Geeignete Gebiete

  • Die Kantone sorgen dafür, dass insbesondere die für die Nutzung der Wasser- und Windkraft geeigneten Gebiete und Gewässerstrecken sowie die für Solaranlagen von nationalem Interesse nach Artikel 12 Absatz 2 geeigneten Gebiete im Richtplan festgelegt werden (Art. 8b Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979).
  • Sie schliessen bereits genutzte Standorte mit ein und können auch Gebiete und Gewässerstrecken bezeichnen, die grundsätzlich freizuhalten sind.
  • Bei der Festlegung der Gebiete für Solar- und Windkraftanlagen müssen die Kantone die Interessen des Landschaft - und Biotopschutzes und der Walderhaltung sowie die Interessen der Landwirtschaft, insbesondere des Kulturlandschutzes und des Schutzes der Fruchtfolgeflächen, berücksichtigen.

Nationale Bedeutung

  • Einzelne Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, namentlich Speicher- und Laufwasserkraftwerke, Pumpspeicherkraftwerke, Solaranlagen und Windkraftanlagen sowie Elektrolyseure und Methanisierungsanlagen, sind ab einer bestimmten Grösse und Bedeutung von nationalem Interesse, das insbesondere demjenigen nach Artikel 6 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 19665 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) entspricht.

Biotope und Ausnahmen

  • In Biotopen von nationaler Bedeutung nach Artikel 18a NHG und in Wasser- und Zugvogelreservaten nach Artikel 11 des Jagdgesetzes vom 20. Juni 19866 sind neue Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien ausgeschlossen; dieser Ausschluss gilt nicht:

a. für Auengebiete, bei denen es sich um Gletschervorfelder oder alpine Schwemmebenen handelt und die der Bundesrat nach dem 1. Januar 2023 gestützt auf Artikel 18a Absatz 1 NHG in das Bundesinventar der Auengebiete von nationaler Bedeutung aufgenommen hat;

b. bei Schwall-Ausleitkraftwerken zur ökologischen Sanierung nach Artikel 39a GschG7, wenn w sentliche Beeinträchtigungen der Schutzziele des betroffenen Objekts beseitigt werden können;

c. in Fällen, in denen lediglich die Restwasserstrecke im Schutzobjekt zu liegen kommt.

  • Das nationale Interesse geht entgegenstehenden Interessen von kantonaler, regionaler oder lokaler Bedeutung vor.
  • Betrifft das Vorhaben ein Objekt, das in einem Inventar nach Artikel 5 NHG aufgeführt ist, so darf ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung in Erwägung gezogen werden. Dabei kann auf Schutz-, Wiederherstellungs-, Ersatz- oder Ausgleichsmassnahmen verzichtet werden.
  • Der Bundesrat legt für die Wasser-, die Solar- und die Windkraftanlagen die erforderliche Grösse und Bedeutung fest.

Weitere wichtige Artikel

Pflicht zur Nutzung der Sonnenenergie bei Gebäuden

Beim Bau neuer Gebäude mit einer anrechenbaren Gebäudefläche von mehr als 300 m2 ist auf den Dächern oder an den Fassaden eine Solaranlage, beispielsweise eine Photovoltaik- oder eine Solarthermieanlage, zu erstellen. Die Kantone können diese Pflicht auch bei Gebäuden mit einer anrechenbaren Gebäudefläche von 300 m2 oder weniger vorsehen.

Zubau für die Stromproduktion im Winter

  • Zur Stärkung der Versorgungssicherheit im Winter soll per 2040 ein Zubau von Kraftwerken zur Erzeugung von erneuerbarer Energie von mindestens 6 TWh realisiert und unterstützt werden. Davon müssen mindestens 2 TWh sicher abrufbar sein.
  • Dieser Zubau ist in erster Linie mit Speicherwasserkraftwerken nach Anhang 2 sowie mit Solar- und Windkraftanlagen von nationalem Interesse zu erreichen.
  • Für Solar- und Windkraftanlagen von nationalem Interesse nach Artikel 12 EnG21 die in einem geeigneten Gebiet nach Artikel 10 Absatz 1 EnG und Artikel 8b des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979, aber ausserhalb von Objekten nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196622 über den Natur- und Heimatschutz vorgesehen sind, gilt dass:

a. ihr Bedarf ausgewiesen ist;

b. sie standortgebunden sind; und

c. das Interesse an ihrer Realisierung anderen nationalen Interessen grundsätzlich vorgeht.

Strom vor Ort produzieren und verkaufen (LEG)

Endverbraucher, Erzeuger von Elektrizität aus erneuerbaren Energien und Speicherbetreiber können sich zu einer lokalen Elektrizitätsgemeinschaft zusammenschliessen und die selbst erzeugte Elektrizität innerhalb dieser Gemeinschaft absetzen.

Vorausgesetzt ist, dass die Teilnehmer:

a. im gleichen Netzgebiet, auf der gleichen Netzebene und örtlich nahe beieinander am Elektrizitätsnetz angeschlossen sind;

b. alle mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet sind; und

c. gemeinsam eine vom Bundesrat festgelegte Mindestgrösse an Elektrizitätserzeugung im Verhältnis zur Anschlussleistung aufweisen.

Windenergie ausbauen

Windenergieanlagen und ihre Erschliessungswege im Wald gelten als standortgebunden, wenn sie von nationalem Interesse sind und für den Bau und den Betrieb der Anlagen bereits eine strassenmässige Erschliessung besteht. Der Nachweis der Standortgebundenheit ist zu erbringen, wenn die Windenergieanlage in einem der folgenden Gebiete erstellt werden soll:

a. in einem Objekt, das in einem Inventar nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196639 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) aufgeführt ist;

b. in einem Waldreservat nach Artikel 20 Absatz 4;

c. in einem eidgenössischen Jagdbanngebiet nach Artikel 11 des Jagdgesetzes vom 20. Juni 1986

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