energie inside: Wieso hast du dich für ein Tiny House entschieden?
Das Ganze war erst ein Projekt meines Vaters. Er hatte in seinen jungen Jahren immer das Ziel, so nahe am Wasser wie möglich zu leben. Erst 2018 machte er sich an die Verwirklichung und fragte mich, ob ich darin wohnen möchte. Im Mai 2019 wurde das Haus dann angeliefert. Seither wohne ich alleine darin.
Wie ist der Bau abgelaufen?
Am Anfang war nur das Haus auf der Parzelle und alles rundherum war noch im Rohbau. Somit war das Ganze ein Work in Progress und hat sich erst mit der Zeit in ein Tiny House verwandelt.
Wie muss ich mir dies vorstellen? Habt ihr euer Tiny House selbst anfertigen lassen oder ist es schlüsselfertig gekauft worden?
Wir haben das Haus von CubusHome bauen lassen, welche 2019 noch im Toggenburg selbst produzierte, mittlerweile aber in Deutschland. So ein Haus kann man auch nicht mieten. Lediglich die Parzelle auf dem Campingplatz ist mietbar. Was auch spannend ist: Die Weitervermietung ist mir von der Burgergemeinde aus untersagt.
Apropos Gemeinde: Muss man da rechtlich etwas einhalten?
Ich musste ein Baugesuch an die Burgergemeinde einreichen. Die Auflagen geben vor, dass maximal 40 Prozent der Parzelle fix überdacht und das gesamte Tiny House nicht höher als 3.3 Meter sein darf.
Dann war das bestimmt eine Herausforderung für euch. Weisst du, welche Kosten dabei entstanden sind?
Die genaue Auflistung habe ich momentan nicht zur Hand. Aber man kann gut von 120’000 Franken ausgehen. Darin sind das Haus und das Rundherum enthalten wie Parkplatz, Begrünung, Veranda, Trennzaun zur anderen Parzelle und vieles mehr.
Das ist ein stolzer Betrag. Welche Vorteile bringt ein Tiny House mit sich? Gibt es auch Nachteile?
Ein grosser Vorteil ist, dass ich wenig Platz habe und daher relativ gut überlegen muss, was ich mir anschaffen will. Das minimalistische Leben gefällt mir. Möbel wie Schrank, Tische mit Klappkonsolen und Tablare haben wir von einem Schreiner anfertigen lassen, damit so viel wie möglich schwebend ist. Nachteile sehe ich eher keine.
Dann kannst du bestimmt sehr schnell umziehen (lacht).
Will ich doch gar nicht.
Weisst du, wie dein Nachhaltigkeits-Fussabdruck aussieht? Hat sich dieser seither verbessert?
Schwierig zu beantworten. Eventuell ja, da ich auf 98 Quadratmetern mein Leben verbringe. Das Haus nimmt davon 39 Quadratmeter ein, was das rechtliche Maximum einer Parzelle ist. Von der Wohnlage her greife ich bei gutem Wetter nur noch zum Fahrrad. Im Sommer steht mein Auto fast nur rum. Das hält mich jedoch auch fit.
Wie ist dein restliches Leben? Ist dies auch eher nachhaltig und minimalistisch?
Ich versuche, so nachhaltig wie möglich zu leben. Auch was das Thema Foodwaste betrifft. Da ich nur einen kleinen Kühlschrank besitze, passiert das kaum noch. Aber für meine Hobbys wie MTB, Wingsurfen oder Snowboarden schränke ich mich nicht ein. Da ist mir die Lebensqualität doch noch sehr wichtig.
Kannst du dir vorstellen, mit einer Partnerin und Kindern auf so engem Raum zu wohnen
Mit der Partnerin und den Kindern muss man sich dann schon sehr gut verstehen, man sitzt halt dann auf engem Raum zusammen, aber ich denke das stellt kein Problem dar.
Auf welche Herausforderungen bist du in dieser Zeit noch gestossen?
Vor allem meine Hobbys benötigen viel Platz. Dafür reicht eine Parzelle nicht. Ich habe das Glück, noch eine zweite Parzelle zu besitzen, auf welcher sich meine «Garage», eher ein Schreberhaus, befindet.
Hast du den Umzug ins Tiny House nie bereut?
Nein. In der heutigen Zeit ist ein Eigenheim sehr schwierig zu erreichen. Die Preise sind höher denn je, und meist wird nur an den Höchstbietenden verkauft. Zudem hat man auch steuertechnisch wenig Vorteile. Daher werde ich noch etwas in meinem Tiny House wohnen und so viel Geld wie möglich auf die Seite legen. Ich kann also meinen Wohnstil nur empfehlen.
Tiny Houses waren zu Beginn der Pandemie präsent in der öffentlichen Diskussion, sind jedoch bis heute ein Nischenmarkt geblieben. Wohnfinanzierer Raiffeisen schätzt, dass jedes Jahr nur etwa 40 Tiny Houses in der Schweiz entstehen. Meist auf dem Land, weil Stellplätze in zentralen Orten zu teuer sind.
Einer der Anbieter ist die Firma CubusHome, gegründet vom Schweizer Architekten René Kellenberger. Seine Vision: Wohnraum soll man europaweit transportieren können und dessen Fussabdruck möglichst klein halten. Kellenbergers wichtigster Baustoff ist Holz. «Holz ist statisch perfekt, wärmeisolierend und äusserst behaglich», sagt er. Seine Häuser sind für einen autarken Betrieb vorbereitet und lassen sich mit PV-Anlage und Lithium-Batteriespeicher aufrüsten.
Auch Wohnriese Ikea hat Tiny Houses im Angebot. Etwas mehr als 50000 Euro kostet 17m2 Wohnraum mit Schlaf- und Wohnzimmer sowie Küche und Bad. In der Nähe von Solothurn steht ein von Ikea ausgestattetes Tiny House.
Um den Nischenmarkt Tiny Houses zu stärken, hat sich in der Deutschschweiz schon 2018 der Verein Kleinwohnformen gegründet. Er will nachhaltiges Leben, Rechtssicherheit und Akzeptanz für Kleinwohnformen fördern. So bietet er beispielsweise ein eigenes Energielabel für Kleinhäuser an. Der gesetzlich geforderte Energienachweis der MuKEn 2014 ist nämlich auf klassische Bauten ausgerichtet. Daher wählt der Verein den Ansatz über die verbrauchte Energie, denn dabei schneidet die Kleinwohnform trotz allem wesentlich besser ab als eine konventionelle Wohnung. Wer eigene Kleinwohnprojekte realisieren möchte, erhält beim Verein umfassende Unterstützung.