Treibstoff aus Sonnenlicht und Luft
Ein an der ETH Zürich entwickeltes Verfahren ermöglicht es, flüssige Treibstoffe mithilfe von Sonnenenergie zu gewinnen. Der Prozess funktioniert jetzt auch ausserhalb des Labors.
Ein an der ETH Zürich entwickeltes Verfahren ermöglicht es, flüssige Treibstoffe mithilfe von Sonnenenergie zu gewinnen. Der Prozess funktioniert jetzt auch ausserhalb des Labors.
Die gängigen Treibstoffe wie Benzin, Diesel oder Kerosin durch nichtfossile und damit weniger umweltschädliche Alternativen zu ersetzen, ist ausserordentlich schwierig. Die hohe Energiedichte der genannten Stoffe ermöglicht eine grosse Reichweite bei wenig Gewicht und Volumen.
Treibstoffe aus Energiepflanzen wie Zuckerrohr oder Mais haben wegen des Energieaufwands für Anbau und Herstellung nicht unbedingt eine bessere CO2-Bilanz und stehen zudem in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Eine Alternative könnten solare Treibstoffe bieten. Der ETH Zürich ist es gelungen, einen Prozess zu entwickeln, mit dem sich aus Luft und Sonnenlicht sogenanntes Synthesegas herstellen lässt. Dieses kann mit bekannten Verfahren zu flüssigen Treibstoffen wie Methanol, Benzin oder Kerosin weiterverarbeitet werden. Die gewonnenen Treibstoffe entlassen bei ihrer Verbrennung nur so viel CO2 in die Atmosphäre, wie dieser vorher bei der Treibstoffherstellung entnommen wurde. Damit sind sie CO2-neutral. Zudem kann die bestehende Speicher- und Verteilinfrastruktur – zum Beispiel Tankstellen – weiterhin genutzt werden. Nach rund zehn Jahren Forschung und Entwicklung funktioniert der Prozess nun auch ausserhalb des Labors. In Zürich, auf dem Dach des Maschinenlaboratoriums der ETH, steht eine Anlage, die pro Tag rund einen Deziliter Treibstoff produziert. Kernstück ist ein Solarreaktor im Brennpunkt eines Parabolspiegels mit viereinhalb Meter Durchmesser. Die Sonne dient nicht etwa der Stromerzeugung durch Photovoltaik. Vielmehr wird durch die Konzentration des Sonnenlichts eine Temperatur von 1500 Grad Celsius erzielt, die es für den thermochemischen Prozess braucht.
Die Prozesskette besteht aus drei thermochemischen Schritten:
Die Anlage wandelt derzeit lediglich rund 5 Prozent des Sonnenlichts in Treibstoff um. Das ist allerdings bereits 13-mal mehr als zu Beginn der Entwicklung im Jahr 2010. Eine weitere deutliche Wirkungsgradsteigerung auf etwa 20 Prozent sollte durch eine Wärmerückgewinnung möglich sein. Dabei geht es darum, die bei der Abkühlung von 1500 auf 800 Grad anfallende Wärme aufzufangen und wieder einzuspeisen. Neben der Demonstrationsanlage auf dem Dach der ETH mit 5 Kilowatt Leistung (solare Einstrahlung) existiert eine 50-Kilowatt-Anlage in der Nähe von Madrid. Dort wird der Solarreaktor im Rahmen des EU-Projekts «Sun to Liquid» in einem grösseren Massstab getestet. Das nächste Ziel ist, die Technologie schrittweise auf indusrielle Grösse zu skalieren, das heisst bis auf etwa 20 000 bis 40 000 Kilowatt, und zugleich Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Die erste kommerzielle Anlage soll 2025 in Betrieb gehen.
Philipp Furler ist technischer Direktor der ETH- Ausgründung Synhelion. Das Unternehmen bezweckt, Solartreibstoff kommerziell nutzbar zu machen.
Wir müssen die Effizienz des Prozesses steigern, was neue oder angepasste Komponenten nötig macht. Zudem müssen wir zeigen, dass der Prozess auch im grossen Massstab tauglich ist. Wir entwickeln zudem eine Palette anderer Technologien, die – auf der Basis ähnlicher Komponenten – den CO2-Ausstoss zwar nicht komplett vermeiden, dafür aber deutlich günstiger sind.
«Wir wollen solaren Treibstoff markttauglich machen»
Kerosin kostet heute etwa 50 Rappen pro Liter. Wir gehen aber davon aus, dass dieser Preis steigen wird, zum Beispiel durch zunehmend höhere CO2-Abgaben. Für unseren solaren Treibstoff peilen wir einen Literpreis von 1 bis 2 Franken an und hoffen, damit markttauglich zu werden. Dabei müssen wir auch gegenüber anderen Alternativtreibstoffen bestehen können, zum Beispiel gegenüber Biotreibstoffen. Wir sind aber zuversichtlich, dass dies gelingen kann: Unser Prozess läuft in weniger Prozessschritten ab als andere Verfahren und hat deshalb ein höheres Effizienzpotenzial.
Das EU-Projekt «Sun to Liquid» mit der Turmanlage in Madrid hat gezeigt, dass unsere Technologie in einem grösseren Massstab anwendbar ist. Generell ist die enge Zusammenarbeit mit Forschenden aus der EU wertvoll für die technische Entwicklung.
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