Das schwarze Gold aus dem Entlebuch
Einheimische Holzkohle ist heiss begehrt. Doch nur noch wenige beherrschen das Köhlerhandwerk.
Einheimische Holzkohle ist heiss begehrt. Doch nur noch wenige beherrschen das Köhlerhandwerk.
Es riecht und raucht im Entlebuch – und da und dort sieht man in der Gegend von Romoos sogar von der Strasse aus einen Kohlenmeiler. In dieser Region wurde schon immer Holzkohle hergestellt.
In dieser Region wurde schon immer Holzkohle hergestellt. Ihre kulturellen Spuren reichen bis in die Jungsteinzeit zurück. Denn Holzkohle hat bei gleichem Brennwert nur ein Fünftel des Gewichts von Holz. Sie lässt sich leichter transportieren und lagern, und die Produktion ergibt auch noch andere Produkte, insbesondere Teer, der in Skandinavien oft wichtiger war als die Kohle. Im Entlebuch gibt es deshalb rund 200 nachgewiesene historische Köhlerplätze, oft an entlegenen Orten mit viel Holz. Abnehmer waren Schmiede, Stahlkocher und Glaser. Sie brauchten die Holzkohle, weil die nötige Hitze mit Brennholz nicht erreichbar war. Im Weiler Bramboden, der zur Gemeinde Romoos gehört, gibt es denn auch ein Örtchen namens Glashütte, wo aus dem Schwarzwald eingewanderte Familien zwischen 1741 und 1781 Glas herstellten. Dann war der Wald abgeholzt, und die Glasmacher zogen weiter nach Flühli und schliesslich nach Hergiswil, wo die Glashütte noch heute existiert.
Die Köhler im Entlebuch mussten immer mal wieder andere Abnehmer suchen, erzählt Willy Renggli, einer der neun aktiven Köhler. Er betreibt die Köhlerei als Nebenerwerb zu seinem Bauernbetrieb, bewirtet auch Gäste neben seinem Meiler und hält die Kultur des Köhlerns am Leben. Bis in die 1970er-Jahre war der wichtigste Abnehmer das Stahlwerk von Moos in Emmenbrücke, heute Schmolz + Bickenbach. Zwar arbeitete das Werk schon damals mit elektrischen Schmelzöfen, doch die Holzkohle wurde gebraucht, um den Kohlenstoffgehalt in der Stahlschmelze zu regulieren. Als das Werk auf andere Systeme umstellte, schien das Ende der Entlebucher Köhlerei gekommen.
Doch der Innerschweizer Unternehmer Otto Ineichen mit seiner Ladenkette «Otto’s» hatte ein Herz für die regionale Produktion und kaufte den Köhlern die Kohle als Grillkohle ab. Dazu beschafften sie sich gemeinsam eine Maschine, mit der sie die Kohle in Säcke abfüllen können. Nun reichen sie das Gerät von Köhlerplatz zu Köhlerplatz. Die Entlebucher Köhler produzieren so rund 120 Tonnen einheimische Holzkohle jährlich und helfen sich gegenseitig wo immer möglich. Das grosse Dach über seinem Kohlenmeiler hat Willy Renggli auch gemeinsam mit einem anderen Köhler gebaut. So kann er im Trockenen arbeiten. Die Köhler im Entlebuch sind nicht Konkurrenten, sondern Partner, die das alte Handwerk erhalten. Denn Absatzprobleme haben sie keine.
Allein Otto’s würde auch dreimal so viel Kohle abnehmen, wenn die Köhler nur liefern könnten. Und auch andere Händler hätten die einheimische Kohle gerne im Sortiment. Doch die Köhlerei ist viel aufwendige Handarbeit, bei der jedes Stück Holz mehrmals in die Hand genommen wird. Das limitiert die Kapazität. Das fängt schon beim kunstvollen Aufschichten des Meilers an. Er kommt auf einen Rost aus Brettern und Latten zu stehen, unter dem die Luft hindurchziehen kann. In der Mitte des Meilers formt Willy Renggli aus Scheitern von einem Meter Länge einen Kamin. Daran lehnt er lagenweise weitere Scheiter an. Dann folgen eine zweite Lage, ebenfalls mit Scheitern von einem Meter, und der Abschluss mit Halbmeterscheitern. Ideal wäre Buchenholz, doch das gibt es in dieser gebirgigen Gegend kaum. Deshalb nimmt Willy Renggli, was da ist – Birke und vor allem Fichte. Schliesslich wird der Meiler mit einer luftdichten Schicht aus Ästen, Blättern, Erde und Kohlenstaub eingekleidet. Denn der Holzstoss soll nur schwelen und nicht brennen. Das Wasser und flüchtige Stoffe sollen raus, aber der Brennwert soll drinbleiben. Der fertige Meiler enthält etwa 60 Ster Holz, und erst, wenn jedes Scheit genau am richtigen Ort sitzt, beginnt der eigentliche Verkohlungsprozess.
Willy Renggli feuert den Meiler mit dünnen Ästen und feinem Holz im Kamin in der Mitte an – nur mit einem kleinen Feuer. Er kann den Kamin mit einem Deckel verschliessen, um die Temperatur zu regulieren. Der Meiler brennt so von oben nach unten und von innen nach aussen, möglichst langsam und kontrolliert. Später stösst der Köhler von aussen mit einem Eisen rundherum Löcher in den Meiler, damit mehr Luft hineingelangt und der Schwelbrand im Innern der Luft folgt.
Rund 14 Tage dauert dieser Prozess, während dem Willy Renggli immer beim Meiler ist. Er muss alle drei bis vier Stunden Brennholz nachlegen und schläft auch in seiner Köhlerhütte gleich neben dem Meiler. Nach und nach wird so das ganze Holz zu Holzkohle, Manchmal läuft Teer unten aus dem Meiler, als zähe, langsam erstarrende Masse, die zeigt, wie effizient dieses Material im Schiffbau und bei anderen Anwendungen ist. Nach dem Brand bleibt der Meiler noch etwa fünf bis sechs Wochen zugedeckt liegen, bis die ganze Kohle verpackt werden kann. Zweimal pro Jahr macht Willy Renggli das, hin und wieder auch dreimal, doch dann wird es eng mit der Arbeit auf dem Hof. Aber es wird hier sicher weiterhin rauchen und riechen.
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