Hyundai bringt den Wasserstoff in die Logistik
Der koreanische Konzern sieht einen Markt für schwere Wasserstoff-Lastwagen mit grosser Reichweite und kümmert sich gleich auch um das «Henne-Ei-Problem».
Der koreanische Konzern sieht einen Markt für schwere Wasserstoff-Lastwagen mit grosser Reichweite und kümmert sich gleich auch um das «Henne-Ei-Problem».
Seit vielen Jahren werden Wasserstoff-Fahrzeuge entwickelt und scheitern immer wieder am selben Problem. Solange es keine Infrastruktur gibt, will niemand Wasserstoff-Fahrzeuge, und solange es keine Fahrzeuge gibt, baut niemand die Infrastruktur. Der koreanische Hyundai-Konzern möchte das mit einem in der Lastwagenbranche neuen Konzept namens Pay-per-use lösen. Zudem gibt es einen Wasserstoff-Förderverein, in dem sich insgesamt 21 Tankstellenbetreiber und Fuhrunternehmer zusammengetan haben.
Das scheint zu funktionieren. Bis Ende des ersten Quartals 2021 werden in der Schweiz 46 Lastwagen ausgeliefert. Ziel ist es, bis 2023 1000 Fahrzeuge auf den Schweizer Strassen zu haben und bis 2025 1600. Statt die Lastwagen zu kaufen oder zu leasen, bezahlen die Betreiber nur für die gefahrenen Kilometer. Damit müssen sie in einer sehr margenschwachen Branche nicht das Risiko von allfällig schlechterer Verfügbarkeit oder anderen Unwägbarkeiten tragen. Ähnliche Finanzierungssysteme gibt es in der Luftfahrt und der privaten Eisenbahnwirtschaft, allgemein bekannt unter dem Prinzip «Power by the hour». Für Mark Freymüller, CEO der Hyundai Hydrogen Mobility AG in Zürich, ist das die sinnvollste Möglichkeit, ein neues System einzuführen, weil nur so auch die Transporteure mit an Bord kommen. «Wir nehmen damit den Transporteuren sehr viel Arbeit ab, etwa die Verhandlungen mit der Bank, die für ein neues System immer viel schwieriger sind, oder all die Kopfschmerzen mit dem Wiederverkauf oder dem Restwert.»
Mark Freymüller«Wir müssen aufhören, Technologien gegeneinander auszuspielen. Wir haben einen gemeinsamen Gegner, und das ist das CO2. Und jede Technologie hat ihre Vor- und Nachteile»
Doch braucht es denn Brennstoffzellen-Lastwagen überhaupt noch, wo doch die Fortschritte bei Batterie und Erdgas schon so gross sind? Dazu hat Mark Freymüller eine klare Position: «Wir müssen aufhören, Technologien gegeneinander auszuspielen. Wir haben einen gemeinsamen Gegner, und das ist das CO2. Und jede Technologie hat ihre Vor- und Nachteile», sagt er. Während batterieelektrische Lastwagen vor allem in kleineren Fahrzeugen mit weniger Kilometerleistung in urbanen Gebieten sinnvoll sind, eignen sich Brennstoffzellen für die Vierzigtönner, die viel und weit fahren. Für solche Fahrzeuge wäre eine Batterie zu schwer, die Nutzlast würde dramatisch sinken, und die langen Strecken wären nicht mehr möglich. Brennstoffzellen-Lastwagen sind technisch komplizierter, wiegen aber weniger, und sie sind auf langen Distanzen nicht auf eine derart dichte Tankstellen-Infrastruktur angewiesen, weil sie immer etwa auf den gleichen «Rennstrecken» unterwegs sind. Dafür ist es dann wichtig, dass der Tankvorgang schnell geht. «Es braucht einfach für jeden Einsatz das geeignete Fahrzeug. Wir sind da überhaupt nicht dogmatisch», sagt Mark Freymüller.
Hyundai bietet auch Personenwagen mit Brennstoffzellen-Antrieb an. Doch für die Skalierung der Betankungsinfrastruktur eignen sich Lastwagen viel besser. Das einzelne Fahrzeug macht viel mehr Kilometerleistung und braucht viel mehr Energie. Die aufgebaute Infrastruktur wird so schneller vernünftig ausgelastet. Eine Wasserstoff-Tankstelle wird kostendeckend, wenn sie regelmässig im Schnitt etwa 15 Lastwagen bedienen kann – oder 700 Personenwagen.
Bisher scheint die Rechnung aufzugehen. Die Betreiber sind zufrieden mit den Fahrzeugen und wollen mehr davon. Allerdings ist die Schweiz laut Freymüller auch ein idealer Einstiegsmarkt für die Technologie. Hier ist im Gegensatz zur EU der Dieselpreis relativ hoch, und die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) macht konventionelle Transporte zusätzlich teurer, sodass sich für emissionsfreie Technologien, die von dieser Steuer ausgenommen sind, mehr finanzieller Spielraum ergibt. Die EU ist mit ihrer Regulierung noch nicht so weit. Und auch wenn es in der Schweiz einfacher ist, kostendeckend sind Brennstoffzellen-Laster noch in keinem Land. Ziel müsste es sein, dass die Technologie günstiger wird, um eine weitere Verbreitung zu finden. Das geht über die Stückzahlen wie auch über die Regulierung. So könnte etwa für Lastwagen mit alternativen Antrieben kein Nachtfahrverbot mehr gelten. Oder irgendwann erhalten nur noch leise, emissionsfreie Fahrzeuge eine Zufahrtsberechtigung für Innenstädte. Auch wenn sich die Brennstoffzellen-Lastwagen nun bewähren, es reicht noch nicht, nur das «Henne-Ei-Problem» zu lösen.
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