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Was die Energiewende braucht - so sieht es die KI.
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Stromproduktion

Solarexpress stockt, Windpärke im Gegenwind: Was die Energiewende nun braucht

Die Energiewende stockt in der Schweiz. Dieses Bild zeigt sich, schaut man einzig auf die Gross- und Megaprojekte. 

Im Kleinen tut sich aber durchaus Erstaunliches. Wir zeigen, wo die Schweiz heute steht und was sie für morgen braucht.

Was gut gemeint war, muss nicht gut gemacht sein. Diese knappe Erkenntnis fasst zusammen, wo viele Projekte der alpinen Grossanlagen stehen. Ob in Graubünden, Bern oder im Wallis: Die Stimmbevölkerung verwirft die Solarprojekte auf Alpen regelmässig mit einem wuchtigen Nein. Deshalb sind die bisher über 50 bekannten Grossprojekte in den Alpen mit dem Status «in Planung» mit grosser Vorsicht zu lesen – denn Stand Februar 2024 sind gerade einmal drei Projekte öffentlich aufgelegt. 

Keine Zeit für Pessimismus. 

Damit ist absehbar, dass die kurzfristigen Energieziele des Bundes nicht erreicht werden. «Es ist inzwischen bei fast allen Projektbetreibern Ernüchterung eingekehrt», fasste Renato Tami dazu in der NZZ die Stimmung bei den Energieversorgern zusammen. Als Vizepräsident der Interessensgemeinschaft Solaralpin berät er diese. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Windkraft, der zweiten Energieinitiative des Bundes. Zeit also für Pessimismus? Nicht nur, wie unsere Analyse zeigt. Denn gerade im Kleinen tut sich vieles.

Energiewende: Meldeverfahren sorgt für Mehrprojekte

Die Kantone spielen in der Energiewende eine Schlüsselrolle. So haben viele Kantone wie Basel oder Thurgau ein vereinfachtes Meldeverfahren für private Hausbesitzer:innen eingeführt. Solaranlagen, E-Ladestationen oder Wärmepumpen können so schneller und einfacher installiert werden. Das Verfahren zeigte im vergangenen Jahr die gewünschte Wirkung. So verkündete der Kanton Zürich Ende Januar stolz, dass gut 9'600 Projekte bewilligt worden sind – davon wurden gut 7'000 Gesuche über das neue, digitale Portal eingereicht. Das entlastet insbesondere die Gemeinden, wie Jörg Kundig vom Verband der Gemeindepräsidien Zürich bestätigt: «Der vereinfachte Prozess ist für die Gemeinden eine wesentliche Entlastung.» Das ist sinnvoll: Soll die Energiewende funktionieren, braucht es nicht nur mehr erneuerbaren (Winter-)Strom aus Grossanlagen, die Schweiz muss ihren Energiehunger auch aus kleinen dezentralen Anlagen stillen können. Im Gegensatz zu den Grossprojekten herrscht hier keine Ernüchterung. Wer bei gewerblichen Anbietern von Solaranlagen oder Wärmepumpen nachfragt, hört überall von vollen Auftragsbüchern.

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Die Energiewende auf den Dächern der Gemeinden läuft. (Bild: Bill Mead/unsplash)

Gemeindewerke: nahe an Bevölkerung

Die Kantone sorgen mit angepassten Rahmenbedingungen und neuen Fördermitteln für Schwung bei den Hausbesitzerinnen und -besitzern. Wie sieht es nun in den Gemeinden selbst aus? Sie sind im Rahmen des neuen Energiegesetzes explizit als wichtige Akteure erwähnt. Viele Gemeinde- und Stadtwerke verfolgen den Ansatz, lokal Strom aus Solardächern zu produzieren. Solche Angebote kennen z.B. die Gemeindewerke von Pfäffikon, aber auch die Sankt Galler Stadtwerke. Hier heisst die Strategie «Solar Community». Auf vier Gebäuden können die Bewohnerinnen und Bewohner der Ostschweizer-Stadt für einen einmaligen Betrag über 20 Jahre jährlich 100 Kilowattstunden Solarstrom beziehen.

Gemeinschaftsgedanke hat Potenzial. 

Mit solchen Stromdach-Angeboten ist es so für Mieter:innen möglich, selber aktiv zu werden. Der Gemeinschafts-Gedanke hat mit den Energiegenossenschaften für Gemeinden weiteres unerschlossenes Potenzial; das zeigt eine nationale Studie aus dem Jahr 2018. Zwar kennt die Schweiz rund 300 Energiegenossenschaften. Sie aber leiden alle unter den schwierigen Bedingungen im Strommarkt und es fehlt ihnen an Geld für neue Investitionen – hier können und müssen Gemeinden in Zukunft aktiver unterstützen. Ansonsten droht bei vielen Energiegemeinschaften das Aus in den nächsten Jahren.

Grossprojekte – bei «Mega» hakt es

Hakt es bei vielen lokalen Energieinitiativen bei der Finanzierung, ist dies beim Solarexpress gerade nicht der Fall. Hier zeigt sich der Bund grosszügig, aber auch ungeduldig. Wer von den Fördergeldern profitieren will, muss eine Anlage bis Ende 2025 mit einer vorgeschriebenen Mindestleistung im laufenden Betrieb haben. Liest man nun die verschiedenen Erklärungen zu den negativen Abstimmungsresultaten, zeigt sich: Der Nutzen für die lokale Bevölkerung scheint oft zu klein, weshalb der Eingriff in die Natur zu gross erscheint. Wie dieser Zielkonflikt zu lösen ist, hat die Forschungsanstalt WSL untersucht. Sie kommt zum Schluss, dass die Akzeptanz von Grossprojekten markant steigt, wenn die Bevölkerung frühzeitig mit einbezogen wird. Ansonsten überwiegen die negativen Einflüsse in ihren Wohn- und Lebensraum.

Menschen müssen frühzeitig in Grossprojekte einbezogen werden. 

Bei Gross- und Megaprojekten müssen die Projektleiter in Zukunft noch stärker auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen. Das Stichwort heisst hier Partizipation, auch wenn diese kein Zaubermittel ist. Erkennen die Betroffenen der Standortgemeinden einen Nutzen für sich und wird die Bevölkerung frühzeitig einbezogen, sind die Menschen durchaus für ein Projekt zu gewinnen, wie Gabriela Suter im Tagesanzeiger ausführt. Sie ist Vizepräsidentin von Swisssolar, dem Schweizer Branchenverband für Sonnenenergie und betont in ihrem Kommentar, dass die negative Stimmung vor allem die Megaprojekte betreffe. Dagegen würden kleinere Projekte, die auf eine bestehende Infrastruktur aufbauen, gute Zustimmung finden. Dieser Befund wird durch den aktuellen Preisträger des Solarpreises 2023 bestätigt: Die Solarpanels wurden hier in die bestehende Staumauer des Muttsees im Kanton Glarus integriert.

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Übersicht der aktuellen Projekte – bereitgestellt und aktualisiert vom VSE (Quelle: Screenshot).

Unser Fazit: Vom Kleinen für das grosse Lernen

Der Zustand der Energiewende lässt sich gut wie folgt zusammenfassen. Bund, Kantone und Gemeinde haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Energiewende zu fördern. Diese umfassen nicht nur die Stromproduktion, sondern auch die Gebäude und die Mobilität. Die Massnahmen sind immer dann erfolgreich, wenn diese für die Betroffenen einen konkreten Nutzen einlösen. Fehlt dieser, werden Projekte im eigenen Lebens- und Wohnraum sehr kritisch beurteilt. Deshalb braucht es den frühzeitigen Einbezug der Bevölkerung. Dass dieser Weg zu guten Lösungen führt, kennen die Städte aus eigener Erfahrung: Grosse städtebauliche Infrastrukturprojekte können heute nur mit Partizipation erfolgreich durchgeführt werden. Die Städte haben dabei bei kleineren Projekten für die grösseren Investitionen gelernt. Dieser Weg scheint auch für die Grossprojekte der Energiewende sinnvoll – und das gilt nicht nur für Solarprojekte, sondern auch zukünftige Windparks.

 

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