Batterieelektrische Autos (BEV) gelten neuen Studien zufolge als die absoluten Klimahelden, weil sie mit dem Energiemix der meisten europäischen Länder über einen ganzen Lebenszyklus hinweg sauberer fahren als Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb. Allerdings gibt es hier noch immer eine schwindende Anzahl Kritiker und Organisationen, die andere Technologien ebenfalls als zukunftsträchtig sehen.
Allerdings gibt es hier noch immer eine schwindende Anzahl Kritiker und Organisationen, die andere Technologien ebenfalls als zukunftsträchtig sehen. Wie seit Jahrzehnten gilt Wasserstoff als Zukunftstechnologie. Vor 40 Jahren sollte überschüssiger Strom aus Kernkraftwerken die Wasserstoffwelt möglich machen, heute soll es überschüssiger Strom aus Wind- und Solaranlagen richten. Geschehen ist seither wenig, auch wenn einige Firmen noch immer substanzielle Summen in den Wasserstoffantrieb investieren. Andere, insbesondere in letzter Zeit Daimler, haben sich demonstrativ aus der Technologie zurückgezogen.
Der ewige Anarchist unter den Autoherstellern
Eher Zukunft hat dagegen der Plug-in-Hybrid (PHEV). Das sind Autos, die auf den ersten 50 bis 60 Kilometern elektrisch fahren. Wenn die Batterie leer ist, schaltet sich ein Benzinmotor zu. Das ist komplizierter als rein elektrisches Fahren; dafür wird die Batterie kleiner, und die meiste Zeit fährt man damit elektrisch, wenn die Batterie zu Hause aufgeladen werden kann. Einen Sonderweg geht wie immer der ewige Anarchist der Autoindustrie, das japanische Unternehmen Mazda. Zum einen bietet das Unternehmen einen Motor an, der zwar eigentlich ein Benzinmotor ist, aber nach dem Dieselprinzip funktioniert. Dabei wird wie beim Diesel Luft komprimiert, mit einem minimalen Benzinanteil, aber so, dass das Gemisch nicht zündfähig ist. Im letzten Moment wird etwas Treibstoff eingespritzt, der lokal an einer Zündkerze zündet und den Rest des Gemischs auch noch zündet. Das System soll so sparsam und so ökologisch sein wie ein Plug-in-Hybrid – allerdings nicht auf allen genormten Zyklen. Es erfüllt deshalb nicht alle der auf Elektrohybride ausgelegten gesetzlichen Anforderungen. Der Mazda-Magermotor emittiert aber weniger CO2 als ein Plug-in-Hybrid, der häufig über längere Strecken gefahren wird oder nicht immer über Nacht aufgeladen werden kann, etwa wenn die Besitzerin oder der Besitzer nur über eine «Laternengarage» auf einem öffentlichen Parkplatz verfügt. Gerade in grösseren Städten mit vielen Wohnungen aus der Nachkriegszeit dürfte das auf sehr viele Autobesitzer zutreffen.
Der Wankel kommt zurück
Allein um die Normen und Flottenemissionsvorschriften zu erfüllen, muss Mazda deshalb ebenfalls Elektroautos und Plug-in-Hybride anbieten. Doch Mazda wäre kein richtiger Anarchist, wenn das Unternehmen dafür nicht auch eine anarchische Lösung hätte. Es bringt seinen legendären Wankelmotor wieder ins Spiel. Zur Erinnerung: Statt mehrerer, sich auf und ab bewegender Kolben hat der von Felix Wankel erfundene Motor einen Kreiskolben, der aussieht wie ein gleichschenkliges Dreieck mit leicht nach aussen gewölbten Seiten. Eine Umdrehung beschreibt alle vier Takte des Viertaktmotors. Eine dreieckige, etwa fünf Zentimeter dicke Wankelscheibe ersetzt drei konventionelle Zylinder, ein Zweischeiben-Wankel entspricht einem Sechszylinder-, ein dreischeibiger einem Neunzylindermotor. Vorteile sind viel weniger Teile und dadurch eine billige, leichte und kompakte Bauweise sowie hohe Drehzahlen. Das macht den Motor ideal für den Rennsport. Nachteile waren früher der grosse Durst und die Empfindlichkeit gegenüber verbleitem Benzin. Diese Probleme sind behoben, und deshalb soll der Wankel künftig nicht mehr die Räder direkt drehen, sondern nur noch einen Generator antreiben und damit Batterien laden. Damit werden die Batterien und deren ökologischer Fussabdruck kleiner, genauso wie jener des Motors. Denn der Wankelmotor kann mit viel weniger Energieaufwand produziert werden. Das Projekt verzögert sich im Moment etwas, allerdings aus einem erfreulichen Grund. Offenbar hat Branchenriese Toyota daran Interesse, was die Stückzahlen grösser und die Preise tiefer machen würde. Allerdings muss der Motor dafür noch «Toyota-kompatibel» gemacht werden, damit er in deren Industrialisierung passt.
Gas ist noch immer da
Ebenfalls sinnvoll sind Gasantriebe, vor allem weil sie auf konventionellen Verbrennungsmotoren basieren. Erdgasmotoren haben den Vorteil, dass sie viel weniger CO2 ausstossen und dass dieser Antrieb auf einer eigenen Netzinfrastruktur beruht und nicht das Stromnetz zusätzlich belastet. Zudem kann Gas CO2-frei sein, etwa wenn Strom über das Power-to-Gas-Prinzip ins Gasnetz eingespeist wird. Vor allem für schwere Nutzfahrzeuge ist Gas auch deshalb interessant, weil es sich schnell tanken lässt und weil keine schwere Batterie nötig ist. Damit können sehr viele Kilometer täglich gefahren werden, und die Nutzlast bleibt gleich.
Pressluft ist heisse Luft
Immer wieder taucht auch die Idee von Pressluftautos auf. Allerdings ist Pressluft ein sehr schlechter Energieträger. Die Luft erhitzt sich beim Komprimieren und kühlt sich bei der nachfolgenden Lagerung ab. Dabei geht sehr viel Energie verloren. Wird nun die kalte komprimierte Luft entspannt, sinken die Temperaturen nochmals, und mit der Aussenluftfeuchtigkeit bilden sich dicke Eisklötze an den Luftauslässen, welche das Fahrzeug früher oder später blockieren. Druckluftfahrzeuge haben sich deshalb nur im Bergbau bewährt. Dort brachten Druckluftlokomotiven immer auch frische Luft und Kühlung in die Stollen.
Dampf macht Dampf
Technisch versierter und kommerziell sinnvoller ist dagegen das Prinzip des Dampfspeicherfahrzeugs. Dabei wird ein Fahrzeug an einer externen Dampfquelle aufgeladen und fährt dann abgasfrei. Hauptsächlich sind das Rangierlokomotiven, von denen vor allem in Deutschland noch sehr viele in Betrieb sind. Sie werden ihrer minimalen Betriebs- und Unterhaltskosten wegen geschätzt. Der Ladevorgang dauert wenige Minuten, und eine Ladung reicht in der Regel für einen ganzen Arbeitstag. Die grössten dieser Lokomotiven ziehen Züge mit einem Gewicht von 4500 Tonnen. Wenn der Dampf in einem Gaskraftwerk erzeugt wird, besteht die Produktion aus Elektrizität und Dampf für die Fahrzeuge. Das System entspricht so einem Gas-Kombikraftwerk mit einer mobilen Komponente, hat einen Wirkungsgrad von deutlich über 50 Prozent und kann gleichzeitig das Stromnetz stabilisieren. Traditionell besteht bei den Lokomotiven der Energiespeicher aus Wasser. Möglich sind aber auch sogenannte Phase Change Materials (PCM), insbesondere Salze, die sehr viel Wärme aufnehmen können. Sinnvoll sind aber auch für thermische Solarkraftwerke entwickelte Spezialzemente. Die Batterie bestünde dann aus einem Betonklotz, in den Leitungen und Wärmetauscher eingegossen wurden. Eine solche Batterie kostet nur einen Bruchteil einer elektrischen Batterie und wäre zeitlich unbeschränkt einsatzfähig. Dampfspeichersysteme eignen sich vor allem für schwere Nutzfahrzeuge oder Logistikfahrzeuge auf Flughäfen, aber auch für Boote oder Linienbusse.
Dampf kann auch klein und schnell
Das heisst aber nicht, dass es mit Dampf nicht auch schnell und klein und mit Hightech geht. In den «Roaring 20s» fuhren die amerikanischen Doble-Dampfwagen auf Nasenhöhe mit Duesenberg, Bugatti und Maybach. Schon 1906 fuhr ein kaum 700 Kilogramm schweres Dampfauto als erstes Fahrzeug überhaupt in den USA schneller als 200 km/h und ein Jahr später sogar 300 km/h. Es wurde aber wenige Augenblicke danach bei einem Crash komplett zerstört, weshalb der Rekord nicht zählte. Die damaligen Rennen fanden in Ermangelung von Asphaltpisten bei Ebbe auf völlig ebenen Sandstränden statt. Unmittelbar nach der Zeitmessung geriet der Wagen in eine kleine Mulde, durch die das Wasser abgeflossen war, flog mehrere Dutzend Meter weit und zersprang in tausend Stücke. Der Fahrer, Fred Marriott, überlebte und fuhr kurz darauf wieder Rennen. Sein Stanley-Rocket- Dampfwagen ist bis heute das schnellste je gebaute Fahrzeug mit weniger als 30 PS – ein Umstand, der bei Formel-1-Konstrukteuren noch heute Bewunderung auslöst. Denn wer einmal die elektrische Brille ablegt, landet plötzlich noch bei ganz anderen Technologien.
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