Kunststoffe sind unverzichtbar. Sie machen Lebensmittel haltbar, Flugzeuge leichter und unsere Kleider warm und widerstandsfähig. Und ohne Kunststoffe ist die Energiewende unmöglich. Was muss sich ändern, damit Plastik ökologischer wird?
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«Wood is good, but Plastic is fantastic» ist ein geflügeltes Wort in der Kunststoffindustrie. Tatsächlich haben Kunststoffe im Lauf der letzten hundert Jahre natürliche Produkte weitgehend substituiert, seien es Holzprodukte, Baumwolle oder Wolle, in vielen Bereichen aber auch Metalle. In der Textilindustrie liessen sich die heutigen Mengen ohne Kunstfasern schon lange nicht mehr herstellen – oder nur noch mit noch grösseren Umweltschäden.
Von der Kohle zum Öl
Kunststoffe hingen immer eng mit den jeweils führenden Energieträgern zusammen. So wurde der weltweit erste Kunststoff – Bakelit –, der bis vor etwa vierzig Jahren noch allgegenwärtig war, aus Braunkohle- und Holzkohleteer erzeugt. Die heutigen Kunststoffe sind dagegen praktisch ausschliesslich Produkte der Petrochemie. Lange galten Kunststoffe als uninteressantes Anhängsel, und Ölkonzerne wie Texaco stiessen ihre petrochemischen Divisionen ab. Doch nun versuchen die Ölkonzerne, das wegbrechende Energiegeschäft mit der Petrochemie zu kompensieren. ExxonMobil, der konservativste unter den grossen Öl-Multis, der noch am längsten an der fossilen Energie festhalten will, hat massiv in die Petrochemie investiert. Deren Anteil am Gewinn beträgt mittlerweile je nach Ölpreis zwischen 15 und 25 Prozent, mehr als doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren.
Als Rettungsboot für die Ölindustrie taugt Plastik allerdings nur, wenn es ökologischer wird. Die Verpackungsindustrie setzt weltweit mit Plastikverpackungen pro Jahr rund 375 Milliarden Dollar um. Allein der Wert des Abfalls wird auf jährlich 80 bis 120 Milliarden Dollar geschätzt. Der grösste Teil davon landet noch immer in Deponien. In der Schweiz liefern Kunststoffe wenigstens in den Kehrichtverwertungsanlagen willkommenen Brennstoff, zumal der Kehricht aufgrund der immer weitergehenden Mülltrennung immer schlechter brennt. Vor allem bei den PET-Flaschen ist die Recyclingquote sehr gut. Sie beträgt gegen 90 Prozent. PET ist die Erfolgsgeschichte eines Kunststoffs, der gezielt für rezyklierbare Lebensmittelverpackungen entwickelt wurde.
Bei Verpackungen liegt der Teufel im Detail
Im Detailhandel sind Plastikverpackungen allgegenwärtig. Allerdings entfallen bei Fleisch oder Käse nur etwa fünf Prozent der CO2-Emissionen auf die Verpackung. Den Rest verursacht das Produkt selbst. Zudem betont die Kunststoffindustrie, dass diese Verpackungen die Menge an Food-Waste massiv reduzieren. Ein kompletter Verzicht auf Kunststoffverpackungen würde deshalb die Emissionen in der Lebensmittelbranche erhöhen, weil der CO2-Fussabdruck der verdorbenen Lebensmittel viel höher wäre als jener der Plastikverpackungen.Doch Kunststoffe schützen nicht nur die Lebensmittel im Laden. Auch bei Lagerung, Transport und Produktion spielen sie eine entscheidende Rolle, selbst wenn die Produkte am Schluss unverpackt verkauft werden. Das spricht allerdings nicht gegen Offenverkauf und Unverpackt-Läden. Wer bewusst Lebensmittel unverpackt einkauft, wird auch besser drauf achten, dass sie nicht verderben. Doch bei jenen Menschen, deren Kühlschrank einem experimentellen Bioreaktor ähnelt, verhindern Kunststoffe eine noch grössere Verschwendung.
Ein ökologisches und ein finanzielles Problem
Kunststoffe werden dann zum massiven ökologischen Problem, wenn sie den geordneten Kreislauf von Produktion und Recycling verlassen oder wenn gar kein solcher existiert. Die spanische Provinz Almeria gilt als der Gemüsegarten Europas. Hier wachsen ganzjährig Hunderttausende Tonnen Gemüse in sogenannten Folientunnels, langen Treibhäusern aus Plastikfolien. Diese Folien verspröden mit der Zeit und landen oft in wilden Deponien unter freiem Himmel, wo sie langsam zerbröseln und als Mikroplastik ins Meer gespült werden – zusammen mit allem anderen Plastikmüll sind es 8 Millionen Tonnen jährlich. Mit verletzten Tieren und verschmutzten Stränden erscheint die Situation im Mittelmeer und an den Atlantikküsten schon schlimm, doch in anderen Weltgegenden ist sie noch viel schlechter. 90 Prozent des Plastikmülls in den Meeren stammt aus zehn grossen Strömen in Südostasien, zumal die Hälfte der Weltbevölkerung in Indien, China und den Ländern Südostasiens lebt.
In der Kunststoffindustrie ist man sich bewusst, dass es Unsinn ist, jährlich Rohstoffe mit Milliardenwert wegzuwerfen. Ziel ist es deshalb, bei den Einwegprodukten effizientere Recyclingmethoden zu entwickeln. So hat der Branchenriese BASF ein Projekt namens ChemCycling lanciert, bei dem die langen Molekülketten von Kunststoffen mithilfe der Pyrolyse aufgebrochen werden. So entstehen daraus wieder die ursprünglichen flüssigen Rohmaterialien, welche die Kunststoffhersteller bei BASF für ihre Produktion einkaufen. Chemisches Recycling eignet sich vor allem für stark gemischte und verschmutzte Kunststoffabfälle, die bisher in Deponien und Verbrennungsanlagen landeten.
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Selbst nach zwanzig Jahren sind viele Kunststoffe noch wie neu. 2020 haben Bilder die Runde gemacht, wie ausgediente Windturbinenblätter zersägt und auf Deponien vergraben wurden. Das dürfte nicht passieren, denn solche Turbinen altern kaum und werden oft nur demontiert, weil nach zwanzig Jahren die Subventionen ausgelaufen sind. Bei den Turbinenblättern handelt es sich um sogenannte faserverstärkte Kunststoffe, die neben dem Kunststoffharz noch eine Armierung aus Glas- oder Kohlefasern enthalten. «Karbon» ist deshalb immer auch Kunststoff, denn Karbonfasern allein sind nur ein schwarzes Gewebe. Weit häufiger als Kohlefasern – und auch viel billiger und weniger energieintensiv – sind Glasfasern, aber auch Basalt- und in jüngerer Zeit natürliche Stoffe wie Sisal- oder Hanffasern. Viele Naturfasern erreichen etwa die gleiche Festigkeit wie Glasfasern, sind aber viel leichter zu entsorgen, vor allem wenn das Harz ein moderner, ungiftiger Kunststoff ist.
In einer Verbundwerkstoffkonstruktion machen die Fasern etwa zwei Drittel und das Harz, das später zum Kunststoff aushärtet, etwa ein Drittel des Gewichts aus. An einer Boeing 787 oder einem Airbus A350 mit sehr vielen solchen Composite-Teilen befinden sich etwa zwanzig Tonnen Kunstharz. Autos werden dank Kunststoffteilen leichter. Zudem verhindern sie als weiche, verformbare Teile bei Unfällen Verletzungen von Fussgängern und Radfahrern.
Auch die Erzeugung erneuerbarer Energie funktioniert nicht ohne Kunststoffe. In Blatt einer Windturbine beispielsweise werden zwei bis drei Tonnen Kunstharz vergossen. Solarpanels bestehen bis auf die hauchdünnen Siliziumscheiben zum grössten Teil aus Kunststoff. Und wer Elektrifizierung sagt, meint immer auch Isolation, denn Strom ist ohne Isolationsmaterialien undenkbar. Die dezentralisierte Stromerzeugung wird den Bedarf an Kabeln und damit an Isolationsmaterial massiv vergrössern. Zudem sind fehlerhafte Elektroinstallationen und Isolationsdefekte weltweit die häufigste Brandursache. Gute Isolationsmaterialien sind das einzige Gegenmittel.
Der Kleiderschrank als Ökomonster
Auch die Textilindustrie braucht gigantische Mengen Kunstfasern. Während der Verbrauch an Baumwolle stagniert, hat sich jener von Kunstfasern in den letzten zwanzig Jahren vervierfacht. Fleecejacken und kuschelige Decken bestehen oft zu 100 Prozent aus Polyester. Für die Herstellung eines Kilogramms Baumwolle werden etwa zehn Tonnen Wasser benötigt – jeder Kleiderschrank enthält also mehrere Schwimmbäder «Geisterwasser». Dagegen ist der Wasserverbrauch bei Kunststoffen minimal. Allerdings hat die Erfindung der «Fast Fashion» in der Textilindustrie dazu geführt, dass alle ökologischen Gewinne durch bessere Kunststofftechnologien von der schieren Masse aufgefressen wurden. Die Abfallberge wachsen in den Himmel. Altkleider werden oft gar nicht mehr gesammelt, weil die Qualität so schlecht geworden ist.
Dabei hätte moderne Kunststofftechnologie gerade bei Kleidern viel zu bieten. So wird der grösste Teil der Stoffe aus Kunstfasern und Mischgewebe noch immer gefärbt wie natürliche Fasern seit Jahrhunderten: in einem Farbbad, das Millionen Liter verschmutztes Wasser zur Folge hat. Weil diese Art des Färbens relativ ungenau ist, landet aufgrund von Fehlfärbungen rund ein Fünftel aller produzierten Textilien ungetragen im Müll. Doch die chemische Industrie hat auf Anregung der Automobilindustrie schon vor Jahren eine Technologie namens SpinDye entwickelt, mit der Kunststofffasern gleich während des Spinnprozesses eingefärbt werden. Damit sehen Stoffsitze im Auto farblich auch nach jahrelangem Gebrauch noch aus wie neu. Das System benötigt kein Wasser und führt zu perfekter Färbung.
Doch SpinDye findet nur sehr langsam den Weg vom Auto in die Mode. Die Kleiderketten müssen dafür die Farben für die Kleider bestimmen, noch bevor das Garn für die Gewebe hergestellt wird, was vielen zu mühsam und zu wenig flexibel ist. Doch es gibt einige löbliche Ausnahmen. Fjällräven und Decathlon setzen das System für ihre gesamte Produktion ein. Der französische Sportdiscounter Decathlon beweist damit, dass Ökologie nicht zwingend höhere Preise verlangt, sondern nur eine bessere Planung. Aber auch H&M hat eine Kollektion lanciert, bei der das Ausgangsmaterial aus rezyklierten Altkleidern besteht und das Garn noch vor dem Weben des Stoffs mit der SpinDye-Technologie gefärbt wird.
Intelligente Kunststoffe gegen Malaria
Moderne Kunststofftechnologien ermöglichen ungeahnte Anwendungsgebiete. So werden seit Jahren Moskitonetze hergestellt, deren Kunststoff statt Farbe winzige Mengen Insektizid enthält – viel weniger, als wenn die Netze nachträglich damit imprägniert würden. Das Gift bleibt im Material gebunden und hält Malariamücken trotzdem in Schach. So sind dank moderner Kunststoffe smarte Textilien möglich, welche Medikamente über lange Zeit in sehr kleinen Dosen gezielt an die Haut abgeben. Und es ist noch viel mehr möglich mit Kunststoffen, wenn wir nicht wie bisher so vieles damit falsch machen.
Die grosse Karriere einer untauglichen Zahnfüllung
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Araldit – das sind jene zwei Tuben, die alle Spielzeuge wieder heil machen. Doch es isoliert auch, macht Strom, fährt in jedem Auto mit – und war ursprünglich als Zahnfüllung gedacht. Der Chemiker Pierre Castan hatte in den 1930er-Jahren im zahntechnischen Labor De Trey in Zürich ein Material entwickelt, das als Zahnfüllung dienen sollte. Doch für Plomben taugte es nicht. Beim Aushärten wurde die Masse heiss – schmerzhaft in einem frisch aufgebohrten Zahn. 1946 entdeckte man die hervorragenden Klebeeigenschaften des Epoxidharz genannten neuen Materials, vor allem bei Aluminium.
Noch im gleichen Jahr brachte es die Firma Ciba deshalb unter dem Namen Araldit auf den Markt. Neben dem Kleben aller möglichen Materialien war eine der allerersten industriellen Anwendungen die Produktion neuartiger Ski. Doch auch die Elektrotechnik schien nur auf den gut isolierenden Kunststoff gewartet zu haben. Endlich gab es eine Alternative zum zerbrechlichen Porzellan. Ganze Transformatoren werden heute vollständig in Araldit eingegossen, um sie vor Witterung und Kriechströmen zu schützen, ebenso wie die Magnetspulen der Trassen der Magnetschwebebahnen in China. Laufend tauchen neue Anwendungen für Araldit auf, sei es im Automobilbau, in der Formel 1, in der boomenden Windenergiebranche oder in den modernsten Flugzeugtriebwerken, denen feine Araldit-Kappen auf den Turbinenschaufeln das Lärmen abgewöhnen sollen.
Meistens, wenn jemand «Karbon» oder «faserverstärkter Kunststoff» sagt, ist Araldit mitgemeint – ob in Velos, Windturbinen oder Flugzeugen. Denn Kohlefaser ohne das Harz ist nur ein schwarzer Lappen. Der Kunststoff, der dem Werkstück erst die Form gibt, macht meist etwa ein Drittel des Gewichts der ganzen Konstruktion aus. Am «Plastik-Flieger» Boeing 787 sind das stolze 20 Tonnen Araldit.
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